Was bitte soll ein „Dickens-Prozess“ sein? Und warum hat er bei Tony Robbins etwas in mir ausgelöst, das mich auch heute noch antreibt?
Neulich habe ich den Unleashed Movie gesehen – eine Film-Doku über Tony Robbins, produziert von Greator.
Und zack: Ich war wieder mittendrin. In der Halle. Mit Musik auf Anschlag, Gänsehaut, Tränen – und diesem Gefühl, dass da gerade wirklich etwas passiert.
Ich war 2017 in London live bei Unleash the Power Within. Und beim Film wurde mir klar, wie krass ich diese Erfahrungen abgespeichert habe – vor allem zwei: den Firewalk und den Dickens-Prozess.
In diesem Artikel nehme ich dich mit in genau diese beiden Momente – und zeige dir, was sie in mir ausgelöst haben.
#1 Energie kann das scheinbar Unmögliche möglich machen
Gleich am ersten Tag kam der Moment, vor dem ich am meisten Bammel hatte: der „Firewalk“ – über glühend heiße Kohlen laufen.
Ich war jetzt nicht die, die „Super! Auf geht’s!“ geschrien hätte. Am liebsten hätte ich mich gedrückt.
Meine Gedanken:
- Auch wenn das Event hier klasse ist, das hier geht zu weit. Was für eine bescheuerte Idee.
- Was machen die mit denen, die sich verbrennen?
- Warum denken sie, dass es funktioniert? Was muss ich dafür tun, dass es klappt?
- Ich kann es mir nicht erklären, aber es scheint ja doch zu funktionieren …
Dann habe ich mich dann doch drauf eingelassen. Habe mich mental vorbereitet und bin dann entschlossen drüber gelaufen.
Und dann?
Und als ich drüben ankam, war da dieser Gedanke: „Das war schon alles? Das ging ja locker!“ – und dann hat mir einer zugerufen „Celebrate! Feier dich!“
Ach herrje, stimmt ja!! Und wir haben die Sau rausgelassen. Was für ein Gefühl.
Deine Energie entscheidet
Es ist wie der Kühlschrank – du kannst nur das rausbekommen, was du reingegeben hast. Wenn du viel Energie reingibst, wird es besser laufen, als wenn da Angst oder Frust dabei sind.
Beim Klettern habe ich es schon so oft gemerkt.
Wenn ich mit Angst losgeklettert bin und so weiter gemacht habe, habe ich die Route fast nie geschafft. Wenn ich die Angst mit Atmung und Fokus in den Griff bekam, hat es meistens doch noch geklappt.
Bei einfachen Vorhaben ist es vielleicht egal – aber bei allen größeren Vorhaben beeinflusst dein Zustand das Ergebnis:
- Du hast ein forderndes Projekt mit Zeitdruck vor dir
- Liebend gerne würdest du diese ungewöhnliche Reise machen, ringst aber innerlich mit dir
- wenn du den Traum vom eigenen Buch verwirklichen willst, aber immer wieder Zweifel kommen
- wenn du ein Business gründen willst und du dich fragst „bin ich überhaupt gut genug?“
- wenn du eine Rede vor Hunderten von Menschen hältst über etwas, das dich persönlich zutiefst bewegt
- …
Wenn du entschlossen und überzeugt bist, wirst du es wahrscheinlich schaffen – selbst, wenn du dachtest, es sei unmöglich.
Feier endlich deine Erfolge!
Geht’s dir auch so, dass du Erfolge runterspielst? Im Sinne von „War doch nichts Besonderes“.
Habe ich früher sooo oft gemacht. Ich wollte halt nicht angeben. Nein, stopp! Erfolge anerkennen und feiern. Es befreit so was von, weil du nichts zurückhalten musst.
Aber noch viel mehr: Diese Erfahrung ist so wichtig fürs Unterbewusstsein! Weil du dir damit beweist, dass du es schaffen kannst – auch wenn’s nicht schwierig ist.
#2 Dein Standard – deine Realität
Du entscheidest, was für dich normal ist.
Klingt erstmal banal, oder?
Hier kommt das Aber.
- Wie oft akzeptieren wir Dinge, die uns gar nicht guttun?
- Wie oft bleiben wir in Situationen, die wir eigentlich längst verändern wollen?
- Wie oft versuchen wir was, und lassen es dann doch sein, weil es einfach zu anstrengend wird?
- Oder: Wie oft spielen wir tiefe Wünsche herunter? Sagen „andere sind noch viel schlimmer dran“ und lassen alles so, wie es ist?
Nach dem Event habe ich begonnen, meine eigenen Spielregeln zu überdenken:
- Was ist wichtig, was nicht?
- Was tut mir gut, was nicht?
- Wo sage ich zu viel „Ja“, obwohl sich ein „Nein“ besser anfühlen würde?
- Wie viel Zeit will ich wirklich arbeiten – und wie fühlt sich „genug“ an?
- Wie und wo will ich leben?
Meine Spielregeln zu hinterfragen hat mich dazu gebracht, auch Monate danach Entscheidungen zu treffen, die ich mich früher wahrscheinlich nicht getraut hätte:
- Meine Arbeitszeit zu verkürzen – obwohl ich (von außen betrachtet) sehr erfolgreich war
- Nein zu Kooperationspartnern oder Kunden zu sagen, wenn es sich nicht (mehr) stimmig angefühlt hat
- mit meinem Mann von der Stadt raus aufs Land zu ziehen und – trotz Familienplanung – unsere Wohnfläche nicht zu erhöhen, sondern von 87 qm auf 45 qm zu reduzieren
Klar, manchmal stoßen wir an unsere Grenzen, da geht nichts.
Aber ist das immer so?
Ich glaube nicht.
Oft trauen wir uns einfach nicht, etwas zu machen – weil es so ungewöhnlich ist und manche vielleicht komisch schauen werden. Das ist ihre Einstellung, die Norm.
Wenn du das Gefühl hast, dich darin gefangen zu fühlen, trau dich, diese Norm zu hinterfragen.
#3 Der Dickens-Prozess: Nutze den Schmerz, statt ihn zu vermeiden
Der Firewalk ist eine Hammer-Erfahrung, finde ich.
Tony Robbins sagt, der Firewalk sei eine Metapher dafür, Schwierigkeiten zu sehen und es mit Entschlossenheit trotzdem zu machen. Aber der Firewalk sei nicht der Höhepunkt: „An Tag 3 werden wir den Dickens-Prozess machen, der für die meisten noch viel stärker ist“.
„Bitte? Was soll denn da noch kommen?“ habe ich mich gefragt.
Der Ablauf des Dickens-Prozesses
Der Prozess läuft so: Du nimmst eine Überzeugung, die dich zurückhält und fügst einen unglaublichen Schmerz hinzu.
- Was es dich früher schon gekostet hat
- Was es dich jetzt gerade kostet
- Und was es dich in Zukunft kosten wird.
Der Hintergrund
Der Prozess ist tatsächlich nach Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte benannt.
Darin geht’s um Ebenezer Scrooge – alten Geizkragen mit miserabler Laune und null Mitgefühl. Charmanter Typ. Kurz vor Weihnachten bekommt er Besuch von drei Geistern: der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.
Und die machen kurzen Prozess: Sie führen ihn durch all das, was schmerzhaft war, gerade schiefläuft – und in Zukunft richtig finster wird, wenn er nichts ändert.
Scrooge ist danach ein anderer Mensch.
Weil er endlich kapiert: So will ich nicht weitermachen.
Und genau darum geht’s auch im Dickens-Prozess, nur ohne Gespenster.
Warum der Dickens-Prozess so heftig ist
Egal, ob Firewalk, Dickens-Prozess oder irgendein Nebensatz – alles kann etwas in dir auslösen, je nachdem wie sehr es sich berührt und welche Bedeutung du dem Ganzen gibst.
Der Dickens-Prozess kann heftig sein und etwas in dir verändern – wenn du es zulässt.
Warum?
Unser Gehirn ist so gepolt, dass es allen Schmerz vermeiden will.
Wahrscheinlich jeder von uns hat als Kind Erfahrungen gemacht, die verletzt haben. Das hat zu Bullshit-Überzeugungen geführt, mit denen wir oft noch herumlaufen. Die führen dann zu so was:
- „Die Bedürfnisse und Wünsche der anderen sind gerade wichtiger als meine.“ (Wir wollen ja nicht, dass der Freund oder die Chefin uns plötzlich nicht mehr mag oder für egoistisch hält)
- „Eigentlich will ich nicht, aber ich mache es irgendwie möglich und sage ja statt nein.“
- Wir trauen uns nicht, uns zu zeigen, wie wir wirklich sind.
- Wir erzählen lieber nichts von dem großen Traum. (Wir wollen ja nicht, dass der Andere es als verrückte Idee abtut)
Ja, unser Kopf sagt vielleicht „passiert doch nichts, du brauchst nicht zusagen.“ Aber tief in uns wohnt da diese Ur-Angst, abgelehnt zu werden. Diese Kraft wirkt viel stärker als der Verstand. Und genau diese Funktion kannst du beim Dickens-Prozess für dich nutzen.
Wenn du hier nur auf der Ebene vom Verstand bleibst („schon klar, in Zukunft wird es mich viel Zeit und Energie kosten, wenn ich das weiter denke“), dann funktioniert der Prozess nicht.
Aber wenn du richtig tief eintauchst und die negativen Emotionen stark fühlst, wird dein Gehirn die Bullshit-Überzeugung mit heftigstem Schmerz verbinden – und vermeiden wollen.
Damit triffst du neue Entscheidungen, nicht aus dem Verstand, sondern emotional. Und diese Entscheidungen haben die Kraft, wirklich was zu verändern.
Mein Thema im Dickens-Prozess
In London hatte ich das Thema „tiefe Wut und Trauer“, weil ein Mensch, der mir nahe war, das Leben früh hinter sich gelassen hat – paar Monate nach seinem 18. Geburtstag. Verdammt ungerecht. Mein Kopf hat zwar verstanden, dass es vorbei ist und ich es nicht ändern kann. Dieser Gefühl-Mix von Wut, Ohnmacht und Trauer war im Alltag nicht immer spürbar, aber immer noch da, auch nach Jahren.
Im Prozess habe ich mir den ganzen Schmerz emotional vor Augen geführt und als Riesenrucksack aufsummiert. Bis hin zur Vorstellung, ich mit 70, wie ich traurig da sitze und feststelle, dass ich die ganze Zeit diese heftigen Gefühle verbittert weiter getragen habe – und zu wenig Platz für all das Wunderbare gelassen habe, die das Leben zu bieten hat.
Ich habe diese Reue, mein Leben verpasst zu haben, riesig gemacht. Und mich gefühlt, als hätte mir jemand in den Magen getreten. Puh.
In dem Moment habe ich verstanden, dass es meine Entscheidung ist, welche Bedeutung ich dem Ganzen gebe. Das hat gesessen. Und plötzlich hat sich was verändert.
Die Entscheidung
Ich habe für mich in dem Moment die Entscheidung getroffen:
Ja, der Verlust fühlt sich noch heftig an. Aber das Leben ist keine Selbstverständlichkeit. Ich habe keine Garantie. Niemand von uns hat sie.
Ich will das Leben als Geschenk wertschätzen statt vor mich hindümpeln. Kein lauwarmer 08-15-Alltag haben, in dem sich alles „eigentlich ganz gut“ anfühlt – mehr aber auch nicht. Ich will keinen Alltag, bei dem ich aufs Wochenende oder auf den Urlaub hin fiebere und genervt bin, wenn wieder zu schnell Montag ist.
Sondern ein Alltag, der sich lebendig anfühlt und den ich genießen kann.
Was jetzt nicht heißt, dass alles rosarot ist, dass ich nur noch das mache, worauf ich Lust habe und den Rest liegen lasse.
Aber ich traue mich, meine neuen Spielregeln mit Entschlossenheit anzugehen. Und das kleine Glück im Alltag immer wieder zu suchen und aus vollem Herzen zu sagen „Boah, das tut gerade so gut. Wie schön, dass ich das gerade erlebe.“
Zusammenfassung und Impulse für dich
- Deine Energie entscheidet. Es ist viel leichter, etwas mit viel Energie zu tun als halbherzig mit „solala-Energie“. Und: Energie ist kein Zufallsprodukt. Du kannst sie aktiv erzeugen.
- Feier deine Erfolge – auch wenn du denkst „war doch nichts Großes“
- Lege deine Spielregeln fest: „Was ist wichtig, was nicht? Was tut mir gut, was nicht? Verbringe ich meine Zeit so, wie ich will, oder bin ich meistens fremdbestimmt?“
- Nutze den Schmerz als Antrieb, statt ihn zu vermeiden. Probiere den Dickens-Prozess aus (z.B. mit einem Video), wenn du Hebelwirkung für eine neue Entscheidung brauchst.
- Emotionen sind ein Anker – nutze Musik oder Bewegung, um dich neu auszurichten.